Claudia Clark
Author and Speaker

Am 23. und 24. Februar 2019 fand die Jahreshauptversammlung der DAG (Democrats Abroad Germany) in Heidelberg statt. Dabei wurden auch Ämter neu vergeben, wie z.B. die Positionen im Führungskomitee für die kommenden zwei Jahre. Neben den traditionellen Posten wie Präsident, Vize-Präsident, Sekretär und Schatzmeister galt es auch, einen Pressesprecher, einen Kommunikations-Koordinator und eine ganz besondere Rolle neu zu besetzen: Und zwar die des „Get Out The Vote“ (GOTV)-Koordinators. Ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass man mich in dieses Amt gewählt hat, ich also die Präsidentschaftswahlen in den USA 2020 auf diese Weise unterstützen werde. Dies ist eine große Verantwortung und auch eine Ehre. Ich denke, dass ich gut dafür gerüstet bin, denn ich habe in der Vergangenheit in den USA bei verschiedenen GOTV-Kampagnen, in unterschiedlichen Bundesstaaten und für die verschiedensten Kandidaten mitgewirkt. Das Arbeiten auf nationaler Ebene wird neu für mich sein, aber mit Unterstützung von Mitgliedern des Führungskomitees fühle ich mich dieser Herausforderung gegenüber gut gerüstet.

Nun, GOTV ist ein Begriff, der in politischen Kreisen und bei Wahlkampagnen häufig fällt, aber darüber hinaus nur wenig bekannt ist. Von daher möchte erklären, was genau sich dahinter verbirgt und was meine Aufgabe sein wird.

In demokratischen Gesellschaften wählt das Volk Repräsentanten, die so an die Regierung kommen und Gesetze erlassen können. Wer die meisten Stimmen bekommt, der gewinnt die Wahl. Unsere Wahlkampagne besteht daher aus zwei Phasen: Phase Eins beginnt einige Monate vor den Wahlen. Hierbei geht es darum, dass Mitarbeiter im Außendienst – meisten total überarbeitet und schlecht bezahlt – Wähler finden, die einen Kandidaten oder eine spezielle politische Angelegenheit unterstützen würden. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen stattfinden, aber meistens werden Wähler durch Telefonanrufe kontaktiert oder vom Außenpersonal, das von Tür zu Tür geht. Bei diesen Verfahren klassifiziert man die Wähler in drei Gruppen: entweder unterstützen sie einen Kandidaten, sie sind unentschlossen oder sie sind gegen den Kandidaten. Die restliche Zeit wird dann damit verbracht, die unentschiedenen Wähler auf unsere Seite zu bringen. Dies passiert normalerweise im Verlauf mehrerer Monate und ist eine wichtige Arbeit, damit diese Leute auch tatsächlich für den Kandidaten stimmen. Leute, die sich gegen den Kandidaten ausgesprochen haben, werden von der Liste genommen.

Zwei Wochen vor der Wahl (oder in bestimmten Fällen noch eher) ist es dann die Aufgabe des Außenpersonals sicherzustellen, dass Wähler, die ihre Unterstützung zugesagt haben, auch tatsächlich an die Urne gehen. Das ist Phase Zwei. Dies geschieht erneut durch Telefonanrufe oder durch Personal, das von Haus zu Haus geht. In dieser Phase, in der die freiwilligen Mitarbeiter und das Außenpersonal ziemlich erschöpft sind, werden die Wähler daran erinnert, dass die Wahlen anstehen und ihre Stimme zählt. In diesen Gesprächen werden auch Fragen, die die Wähler über die Wahl haben, beantwortet oder geklärt, wo sich das nächste Wahllokal befindet. Damit jeder, den wir als Unterstützer identifiziert haben, auch wirklich wählen geht, bieten wir alle möglichen Serviceleistungen an – wie z.B. jemanden zu einem Wahllokal zu fahren – damit diese Leute auch tatsächlich ihre Stimme abgeben.

Jetzt wissen Sie so ungefähr, wofür GOTV steht und was es beinhaltet, so dass ich kurz über meine neue Aufgabe und Verantwortlichkeit in Deutschland sprechen kann. Die Wahl ist ein Prozess, der aus zwei Schritten besteht: Phase Eins stellt sicher, dass jede wahlberechtigte Person für die Wahl registriert ist. Phase Zwei soll dann sicherstellen, dass diese registrierten Wähler auch tatsächlich zur Urne gehen. Darauf baut sich auch meine Aufgabe auf – dabei zu helfen, neue Wähler in Deutschland zu registrieren und dann sicherzustellen, dass sie sich an der nächsten Wahl beteiligen.

Jeder amerikanische Staatsbürger ist berechtigt zu wählen – selbst, wenn er oder sie im Ausland lebt. Es spielt keine Rolle, ob er oder sie über das Militär im Ausland stationiert ist, mit einem Nicht-Amerikaner oder einer Nicht-Amerikanerin verheiratet ist oder an einer Universität studiert oder sonstigen Bildungsmaßnahmen im Ausland nachgeht.  Solange bestimmte Kriterien eingehalten werden (sie variieren von Bundesstaat zu Bundesstaat und es ist mein Job, dies denjenigen zu erklären, die es interessiert), können diese Staatsbürger wählen. Es gibt ständig einen Strom von US-Bürgern, die aufgrund neuer Jobs, Ausbildung oder Militärdienst ins Land kommen und wahlberechtigt sind. Es ist unsere Aufgabe als Mitglieder der Democrats Abroad diese neuen Einwanderer zu finden und sie zu registrieren. Viele sind sich nicht bewusst, dass sie weiterhin ein Wahlrecht haben oder sie sind sich nicht sicher, ob und wie sie sich im Ausland registrieren können. Daher versuchen wir an den unterschiedlichsten Orten für diese Amerikaner präsent zu sein – mit Zelten, Tischen und Personal – und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.

So gibt es zum Beispiel in ganz Deutschland viele Feste, allen voran das berühmte Oktoberfest in München oder den Wurstmarkt in Bad Dürkheim. Zu diesen Veranstaltungen kommen dann auch Mitarbeiter von den Democrats Abroad, um unter den Besuchern mögliche Wähler ausfindig zu machen und dann zu registrieren. Da viele Universitäten auch ein Auslandsstudium anbieten, arbeiten wir mit einigen Unis zusammen und haben dann auf dem Campus einen Stand, an dem sich die Studenten aus den USA registrieren können.

Bisher habe ich nur über die Registrierung von Neuwählern gesprochen, dabei gibt es natürlich schon tausende von US-Bürger, die bereits registriert sind. Von daher muss ich mit diversen Ortsgruppen innerhalb Deutschlands zusammenarbeiten, damit auch sichergestellt ist, dass diese Leute wählen gehen. Momentan bin ich die einzige Person mit dieser Aufgabe, so dass ich einen Großteil meiner Zeit damit verbringen werde, für die insgesamt 16 Ortsgruppen Freiwillige in den jeweiligen Gruppen auszubilden. Meine Rolle ist dann, Ansprechpartner zu sein und bei GOTV-Problemen zur Verfügung zu stehen. 

Und, es sei nochmal gesagt, wie bei jeder anderen GOTV-Kampagne auch, wollen wir nicht nur Neu-Wähler gewinnen, sondern sie auch motivieren, tatsächlich zur Wahl zu gehen. Wir organisieren daher Call-Center, und gemeinsam mit unserem internationalen GOTV-Koordinator, Mitgliedern des Führungskomitees und den Vorsitzenden der Ortsgruppen arbeiten wir an Telefon-Skripts und bilden die freiwilligen Helfer aus, die in unseren Call-Centern die Anrufe tätigen. Dann ist es der gleiche Prozess wie in den USA: Wir werden die Wahlberechtigten identifizieren und, wenn die Wahl näher rückt, werden wir sie erneut anrufen und an das Ereignis erinnern.

Puh, das ist viel Arbeit und viel Verantwortung. Aber es ist auch bei einer Wahlkampagne eine Aufgabe, die sehr lohnenswert ist.