Claudia Clark
Author and Speaker

Am 4. April, 2019 um 09:30 Uhr stieg ich in meiner Heimatstadt, ausserhalb von München, in einen Zug ein und trat meine 6-stündige, 600 Kilometer lange (mit drei Mal umsteigen) Reise zu der westdeutschen Stadt Köln an, damit ich den Präsidenten Obama an der “World Leadership Summit Conference” sprechen hören konnte. Erst einige Wochen nach dem ich die Tickets bestellt und erhalten habe, fiel mir auf, dass ein “Backstage Pass” in meiner Bestellung inbegriffen war. Im Brief stand, dass ein Buffet Abendessen im Preis inbegriffen sei, aber nichts Weiteres. Mit vorsichtigem Optimismus nahm ich an, dass dieser “Backstage Pass” mir die Möglichkeit eröffnet, eventuell mein Idol, Präsident Obama, zu treffen. Ich packte mein Lieblingsfoto vom ihm und eine Kopie meines Manuskriptes ein, falls die Möglichkeit aufkomme, dass ich es ihm übergeben kann und er es für mich signiert.

Als ich um kurz nach 15:00 Uhr in Köln angekommen bin, schliess ich mich meinen DA Freunden, welche von verschiedenen Ortschaften in Deutschland, wie z.B. Heidelberg, Frankfurt und Hamburg, angereist sind um Obama sprechen zu hören, an. Die DA Mitglieder von Köln erhielten die Erlaubnis ein Zelt ausserhalb der Zugstation (nicht weit entfernt des Events, wo Obamas Rede geplant war) für etwas, dass wir in der Politik als “Sichtbarkeit” bezeichnen, aufzustellen. Draussen, in der Kälte vom regnerischen Frühlingswetter, stellten wir ein Zelt, welches die amerikanische Flagge stolz aufgehängt hatte, zusammen mit dem Banner “Democrats Abroad Welcomes President Obama” auf dem Tisch, auf. Hinter unserem Tisch hatten wir Anstecker, Poster und andere DA-Handelswaren zum Verkauf und Verteilen an interessierte Parteien. Wir machten Fotos, schrieben fünf neue Personen ein, und sprachen darüber, wie aufgeregt wir sind, den ehemaligen Präsidenten sprechen zu hören. Unabhängig davon war es für mich das aufregendste Erlebnis, als die Präsidenten Autokolonne vorbeifuhr. In diesem Zeitpunkt traf es mich stark, dass ich ihn in nur ein paar kurzen Stunden sehen werde.

Um 18:00 Uhr packte ich nervös mein Foto und Manuskript ein und machte mich auf den 5-minütigen Spaziergang zum Gebäude, wo Obama in Kürze sprechen würde. Als ich immer wie näherkam, sah ich diverse Schilder „Backstage Restaurant“ und die Hoffnung, dass ich bald den Präsidenten treffen würde, schwand dahin, als ich realisierte, dass „Backstage“ schlicht nur ein Restaurant war und „Backstage“ nicht dieselbe Bedeutung hatte, wie ich es auf Englisch kenne. Ich ass schnell mein Abendessen, damit ich schnellstmöglich meinen Sitzplatz für das Event finden konnte. Obwohl die Organisatoren mir gesagt hatten, dass ich „Premium Tickets“ hätte, waren meine Tickets in Wirklichkeit, wie man es auf Deutsch sagen würde: „auf den billigsten Plätzen“. Von meinem Sitzplatz aus sahen die Leute auf der Bühne wie Ameisen aus. Ein kleiner Teil von mir war enttäuscht, aber hauptsächlich war ich beeindruckt. Das Event war in einem grossen Konferenz-/Sportgebäude, welches tausende von Leuten halten könnte und der Ort war vollkommen voll. Ich war beeindruckt, dass der ehemalige U.S Präsident einen solchen „Rockstar“ Empfang im Ausland erhält. Während meinen Recherchen für mein Buch habe ich von den Menschenmengen gehört und ich habe sie auch in Videoclips gesehen, aber hier war ich und erlebte es aus erster Hand mit.

Es war mir bewusst, dass viele Leute da waren, aber ich wollte die Menschenmenge nicht überschätzen und somit getraute ich mich nicht einmal eine Schätzung zu machen. Später berichteten diverse Nachrichtensender, dass zwischen etwa 14’000 und 15’000 Personen am Event teilgenommen hatten. Ich kann es nicht ausreichend in Worte fassen, wie überwältigt ich mich gefühlt habe. Anfangs wusste niemand in meiner Nähe, dass ich Amerikanerin bin und ich entschied mich dafür es so beizubehalten. Ich wollte die Reaktionen des Publikums objektiv beobachten. Obwohl die meisten Teilnehmenden untereinander Deutsch sprachen und ich nicht viel davon verstand, konnte ich ihre Aufregung hören und ich hatte ein immenses Gefühl von Stolz, als ich die Deutschen sah, wie sie die amerikanische Flagge schwankten und immer wenn Obamas Name fiel, jubelten.

Obama war nur einer von vielen Sprechern, die für eine Rede an diesem Event geplant waren, aber es war offensichtlich, dass die Teilnehmenden hauptsächlich kamen, um ihn zu sehen und hören. Es gab drei Redner, welche vor ihm sprachen und da sie Deutsch sprachen (ohne englische Untertitel), verstand ich nur einen kleinen Teil vom Besprochenen. Nach einer gefühlten Ewigkeit (was in Wirklichkeit nur etwa 30 bis 40 Minuten waren) kam Obamas Halbschwester, Dr. Auma Obama, auf die Bühne und stellte ihren Bruder vor. Von meinen Recherchen wusste ich, dass sie eine gewisse Zeit in Deutschland studierte und auch fliessend Deutsch sprach, nichtsdestotrotz war es eine erfreuende Überraschung zu sehen, wie sie ihren Bruder auf Deutsch vorstellte.

Nach grosser Vorfreude übernahm Präsident Obama ENDLICH die Bühne. Ich war so weit weg von der Bühne, dass ich ihn kaum sehen konnte und unglücklicherweise war ein Sprecher in meiner Sicht zum Fernsehmonitor, welcher vom Veranstaltungsort zur Verfügung gestellt wurde. Ich konnte am Sprecher vorbeisehen, jedoch war es unmöglich ein „gutes“ Foto zu machen. Nichtsdestotrotz kamen die meisten Leute hier her, um Obama sprechen ZU HÖREN und nicht zwangsläufig um ihn zu sehen und glücklicherweise hatte die Arena eine exzellente Tonanlage und somit konnten wir ihn einwandfrei hören. In guter Laune scherzte er vor dem Publikum, dass niemand die Eröffnungsrede seiner Schwester übersetzt habe und dass die Zuhörenden weniger Aufmerksamkeit auf ihr Gesagtes lenken sollten und damit spiele er auf die allbekannte und oftmals heitere Beziehung zwischen Geschwistern an.

Während der 60-minütigen Diskussion unterhielten sich Obama und ein Moderator über eine grosse Menge von Themen, inbegriffen waren der Klimawandel, Bürgerrechte, Geschlechter und seine Ziele nach der Präsidentschaft. Interessanterweise gab es eine Sache, welche die anderen Teilnehmer des Publikums (nicht nur mich) zum Aufstehen und Bemerken brachte. Er erwähnte seinen Plan, dass er am folgenden Tag nach Berlin fliegen wird, wo er sich dann mit seiner „guten Freundin Angela Merkel“ treffen würde und eine Rathaussitzung abhalten würde. Als er das gesagt hatte, applaudierte die Menschenmenge stark und ich empfand dieses immense Gefühl von Stolz und Nervosität, da mir bewusst wurde, wie wichtig mein Buch ist.

Obwohl Obama keine “effektive” Rede gehalten hatte, ist er ein intelligenter Mann und er hat seine Wege das Publikum, welches an jedem seiner Worte hing, zu fesseln. Als lebenslange Feministin war ich sehr aufgeregt ihn über die Gleichberechtigung der Geschlechter sprechen zu hören. Er argumentierte, dass wir unsere Töchter als willensstarke und unabhängige Frauen erziehen sollten und nicht damit sie sich „dumm stellen, damit die Jungs sie mögen“. Ich finde es wichtiger, dass er aussagte, dass es wichtig ist unsere Jungs so zu erziehen, dass sie Mädchen respektieren und nicht annehmen, dass sie als Jungs, bessere Arbeitsstellen, bessere Löhne und mehr Vorteile durch weniger Arbeit und weniger Engagement erhalten, nur weil sie Jungs sind. Mit Respekt zu seiner eigenen Stellungnahme bezüglich der Gleichberechtigung der Geschlechter gab er zu, dass unabhängig von seinen besten Bemühungen mit der Einstellung von Frauen in seiner Administration in hohen Arbeitspositionen, diverse Probleme aufkamen. Er gab an, dass eine Gruppe von Frauen auf ihn zukamen und sich über ihre Frustration, dass man ihnen in Sitzungen nicht zuhört, äusserten. Obama sagte, dass er ihnen zugehört hatte und ihnen dann gesagt hätte, dass sie sich während den Sitzungen energischer äussern sollten. Ausserdem ging er zu den Männern und sagte ihnen, dass sie sich etwas zurückhalten sollten und den Frauen mehr Sprachraum geben sollten. Sein vorbildliches Beispiel zeigte auf, dass sogar mit den besten Voraussetzungen immer noch einige Herausforderungen aufkommen können und eine wahre Führungsperson passt sich diesen Herausforderungen so an, wie es notwendig ist.

Wenn seine Führungsfähigkeiten unter Druck gesetzt werden, zum Beispiel bei umstrittenen Themen wie die Verwendung von Dronen, argumentierte Obama, dass manchmal wenn man sich in einer Machtposition befindet, schwierige Entscheidungen aufkommen können und diese können keine guten Endergebnisse haben und darum muss man die “weniger schlimme” Lösung wählen, auch wenn dies bedeutet, dass negative Konsequenzen aufkommen werden.

Der Moderator erinnerte das Publikum daran, dass Obama in den Wahlkampf trat um Veränderungen herbeizuführen und er fragte Obama, ob er zufrieden sei, mit dem von ihm Erreichten. Obama gab zu, dass Veränderungen, welche er sich in gewissen Bereichen, wie z.B. Bürgerrechte, vorstellte, ein laufender Prozess seien und das sei etwas, das man nicht über Nacht ändern könne. Er findet, dass diverse Dinge für die Bevölkerung besser geworden sind (beispielsweise für die Mitglieder der “LGBTQ” Gemeinschaft) aber es gab trotz alledem immer noch viel Arbeit, die getan werden muss. Er sprach leidenschaftlich über seine Arbeit mit Jugendlichen und wie er versucht, sie im politischen Prozess zu involvieren. Er sagte, dass seine Worte der Weisheit es immer beinhalteten, dass er der Bevölkerung mitteilte, sie sollen sich auf das konzentrieren, was sie erreichen möchten und nicht auf das, was sie gerne werden möchten, den man kann immer an einer Politik arbeiten, unabhängig von der eingenommenen Position, solange man einen Anlass hat um sich zusammenzuschliessen und zu kämpfen.

Als er über Trumps Administration bezüglich des Klimawandels befragt wurde, entschied Obama sich hauptsächlich auf das Positive zu konzentrieren, als auf das Negative. Als Beispiel bestätigte Obama dem Publikum, dass trotz Trumps Handlungen sich vom Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen, andere Gemeinschaften (inbegriffen der Staat von Kalifornien) ihrer Verpflichtung das Pariser Klimaabkommen aufrechtzuerhalten treu blieben.

Wie gewöhnlich erwähnte Obama seinen Nachfolger weder bei seinem Namen, noch kritisierte er ihn oder seine Verwaltung direkt. Abschliessend, in seiner Schlussrede, sagte der Moderator zu Obama: „Wir vermissen dich sehr“ und dazu erhob das Publikum seine Füsse, klatschte, jubelte und schwenkte die amerikanische Flagge auf eine Art und Weise, wie ich es noch nie in meinem Leben bezeugte – nicht einmal in den vereinigten Staaten von Amerika. Zum ersten Mal in zwei Jahren war ich wieder Stolz Amerikanerin zu sein.

Am folgenden Tag flog Obama nach Berlin und traf Merkel, wo sie angeblich eine 90-minütige Sitzung in der deutschen Botschaftskanzlei abhielten. Es gab ein Foto von Merkel und Obama, worin sie sich grüssten und es traf die sozialen Medien sturmhaft, als man sah wie die zwei sich liebevoll umarmten. Die beiden waren so freundlich zu einander, dass mein Ehemann scherzte, dass er neugierig sei, was Michelle wohl zu diesem Foto sagen würde.

In vollen Ernst begann ich mit all dieser Frustration des Wartens auf eine Antwort von den Verlegern das ganze Projekt zu bezweifeln und ob ich jemals einen Verleger für mein Buch finden würde oder nicht. Jedoch angesichts meiner Beobachtungen aus erster Hand und der Begeisterung um diese Wiedervereinigung, habe ich mein Engagement nochmals beteuert, dass dieses Projekt es wert ist und gesagt werden muss.